Ziegen-Weidehaltung


Erfolgreiches Weidemanagement

Wer die Möglichkeit hat, sollte die Weiden seiner Ziegen regelmässig wechseln – sowohl für eine gute Futteraufnahme als auch zum Schutz vor Parasiten. Als Faustregel dient die 10/30-Regel: Die Weide wird zehn Tage beweidet und danach mindestens dreissig Tage nicht mehr betreten. Diese Rotation entspricht dem durchschnittlichen Graswachstum und hilft, das Parasitenaufkommen einzudämmen.

Bei Bedarf lässt sich die Beweidungsdauer noch stärker auf den Vegetationsstand ausrichten. Die Ruhephasen schwanken dann zwischen zwei Wochen im Frühjahr und sechs Wochen im Herbst. Bei kurzen Ruhephasen von unter einem Monat sollte die Beweidungsdauer auf zwei bis vier Tage beschränkt werden.

Ist das Gras auf der Wiese zu hoch, wird es von den Ziegen weitgehend verschmäht. Eine Ziegenherde in eine hochgewachsene Weide zu schicken, bringt daher nur Ärger: Das Gras wird kaum gefressen und niedergetreten, wodurch das anschliessende Abmähen erheblich erschwert wird.

Generell sollte die Wiese nach der Beweidung konsequent nachgemäht werden. Unterbleibt dies, werden die von Ziegen bevorzugten Gräser und Kräuter zunehmend vom unbeliebten Bewuchs verdrängt. Zudem unterstützt der Schnitt die Parasitenbekämpfung.


Die optimale Weidedauer berechnen

Die Kunst der Beweidung besteht darin, die Tiere weder zu kurz noch zu lange auf einer Weidefläche zu belassen. Die vorhandene Futtersubstanz und die daraus resultierende Weidedauer lassen sich vorab grob berechnen.

Ertrag pro Hektare

Eine Hektare ergibt je nach Dichte 200 bis 250 kg Trockenmasse pro Zentimeter Grasbewuchs. Ziegen fressen bis zu einer Tiefe von etwa fünf Zentimetern. Bei einer Grashöhe von zehn Zentimetern ist somit ein Ertrag von 1000 bis 1250 kg möglich.

Täglicher Bedarf

Milchziegen sollten täglich rund zwei Kilogramm Trockenmasse aufnehmen, was etwa zehn bis zwölf Kilogramm frischem Gras entspricht. Da immer ein Teil des Weidegrases zertreten oder verweigert wird, ist pro Ziege mit einem Bedarf von mindestens drei Kilogramm zu rechnen. Eine Ziege kann bei tief stehender Weide etwa 300 g Trockenmasse pro Stunde aufnehmen.

Rechenbeispiel

Für 25 Ziegen reicht eine halbe Hektare mit einem Grasstand von zehn Zentimetern für rund eine Woche. Die Rechnung: 500 bis 625 kg Trockenmasse geteilt durch 75 kg Tagesbedarf.

Unter der Annahme, dass sie 70 Prozent der Zeit für das Grasen nutzt, ist ein Weideaufenthalt von mindestens zehn Stunden täglich erforderlich, um die angestrebte Menge zu erreichen

Dieses Berechnungsmodell entstammt der Zeitschrift «La chèvre» (Nr. 304, 5/2011). Es liefert jedoch nur Richtwerte und entbindet den Ziegenhalter nicht davon, den Zustand der Weide stets im Auge zu behalten – Wetter und Jahreszeit lassen sich nicht mathematisch erfassen.


Bäume vor Verbiss schützen

Bäume und Sträucher bieten Weidetieren willkommenen Schutz vor Sonne und Regen. Da Ziegen sie aber auch gerne verspeisen, müssen sie zwingend vor Verbiss bewahrt werden.

Welche Bäume sind gefährdet? Nicht alle Bäume sind gleichermassen gefährdet. Die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft begleitete einen Versuch, bei dem Ziegen in einen geschlossenen Waldbestand gelassen wurden. Das Ergebnis: Jungbäume wurden fast vollständig vernichtet, dickere Bäume blieben unbeschädigt. Ziegen schädigen in der Regel keine Bäume ab 25 bis 30 cm Brusthöhendurchmesser.

Machen sich Ziegen dennoch über grössere Bäume mit grober Rinde her, liegt häufig ein Mineralstoffdefizit vor – oder die Tiere haben schlicht Hunger. Für alle Bäume gilt: Ist die Rinde einmal richtig angeknabbert, schälen die Ziegen sie vollständig ab. Der Baum geht ein.

Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte alle Bäume auf der Weide schützen – unabhängig von Art und Grösse. Dabei ist zu beachten, dass Ziegen auf den Hinterbeinen stehen und so auch erhöhte Stellen erreichen können. Ein guter Baumschutz muss daher genügend hoch sein.

Die beste Methode: Drei bis vier Pfähle um den Baum einschlagen und mit einem Diagonalgeflecht oder Bretterverschlag umgeben. Geflecht oder Bretter sollten knapp über der Grasnarbe beginnen. Die Abstände zwischen den Brettern dürfen nicht so gross sein, dass die Tiere den Kopf durchstecken können – sonst besteht die Gefahr, dass sie mit den Hörnern hängen bleiben.


Der richtige Ziegenzaun

Falsche Sparsamkeit bei der Einzäunung kann die Freude an der Ziegenhaltung rasch trüben. Nicht alle Ziegen sind gleich sprungfreudig. Wer aber für alle Temperamente gewappnet sein will, benötigt einen Zaun von mindestens 1,50 m Höhe. Gleichzeitig muss der untere Teil stabil genug sein, um ein Durchschlüpfen zu verhindern.

Elektrozäune

Elektrozäune für Ziegen sollten mindestens 1,10 m hoch sein und über nicht weniger als fünf Drähte verfügen. Bei einem bestehenden Festzaun ohne ausreichende Höhe lässt sich die Hütesicherheit mit ein bis zwei Stromlitzen am oberen Ende der Zaunpfähle deutlich erhöhen.

Weidezaunnetze – praktisch, aber nicht ungefährlich

Weidezaunnetze sind dank ihrer einfachen Handhabung zwar praktisch, bieten aber nicht dieselbe Sicherheit wie Festzäune. Sie bergen zudem Gefahren: Sowohl die gehüteten Ziegen als auch Wildtiere können sich darin verfangen. Können sie sich nicht befreien, erleiden sie unter den dauernden Stromstössen einen qualvollen Tod.

Weidezaunnetze sollten daher nur für temporäre Weiden oder kurzzeitige Weideunterteilungen verwendet werden. Beim Kauf ist auf gute Qualität und Stabilität zu achten. Für Ziegen ist eine Netzhöhe von 105 cm erforderlich – Schafnetze mit 90 cm genügen nicht.

Um Unfälle zu vermeiden, sollten die Netze niemals ohne Strom betrieben werden und stets gut gespannt sein. Am Anfang des Netzes wird ein Pfosten mit guter Standfestigkeit eingeschlagen, um das Netz straff ziehen zu können. Jede Richtungsänderung wird mit einem Zusatzpfahl verstärkt. Bei Bodenunebenheiten helfen zusätzliche Kunststoffpfähle.

Die richtige Spannung

Weidezaunnetze sind im Vergleich zu anderen Elektrozäunen schlechte Stromleiter und benötigen daher besonders starke Weidezaungeräte (12-Volt- oder Netzgerät). Die Hütespannung sollte überall rund 4000 Volt erreichen und keinesfalls unter 3000 Volt liegen. Jungtiere sollten unter Beobachtung an die Einzäunung gewöhnt werden.

Das Weidezaungerät muss bei allen Zaunarten genügend Leistung für Länge und Bewuchs aufbringen und regelmässig kontrolliert werden. Zum Schutz von Spaziergängern ist ein Elektrozaun mit gut sichtbaren Warntafeln zu versehen.

Alte Weisheit: «Der beste Zaun ist eine gute Weide!» Das Bestreben der Tiere, auf die andere Seite des Zauns zu gelangen, nimmt deutlich zu, wenn die Weide abgegrast ist.


Giftpflanzen auf der Weide

Riesen-Bärenklau

Manche Pflanzen und Sträucher enthalten Giftstoffe, deren Aufnahme bei Ziegen gesundheitliche Störungen oder gar den Tod verursachen kann. Die Symptome reichen von Durchfall und Krämpfen bis zu Lähmungen des Atemzentrums und Herzstillstand.

Vergiftungen sind bei Ziegen zwar seltener als bei anderen Tieren – meist meiden sie giftige Pflanzen instinktiv. Dennoch ist Vorsicht geboten. Eine regelmässige Überprüfung der Weideflächen ist unerlässlich.

Besonders gefährliche Pflanzen

Als besonders giftig gelten Eibe, Rhododendron, Eisenhut, Kreuzkrautarten, Sumpfschachtelhalm und Weisser Germer. Die meisten anderen Giftpflanzen entfalten ihre schädliche Wirkung erst bei Aufnahme grösserer Mengen.

Weitere giftige Pflanzen

Als giftig für Ziegen gelten unter anderem: Adlerfarn, Akelei, Alpenrose, Avocado, Riesen-Bärenklau, unreife Eicheln, Fingerhut, Goldhafer, Hahnenfuss, Herbstzeitlose, Knoblauch, Markstammkohl, Kuhschelle, Lebensbaum (Thuja), Maiglöckchen, Oleander, Pfaffenhütchen, Rhabarber, Rizinus, Rosmarinheide, Sadebaum, Japanischer Schnurbaum, Schwertlilie, Sonnenblume, Stink-Wacholder, Sumpf-Dotterblume, Tabak, Waldrebe, Wasserfenchel, Wasserschierling und Wolfsmilch.

Was tun bei Vergiftungsverdacht?

Sind Anzeichen einer Vergiftung festzustellen, sollten die Tiere nicht gefüttert werden, damit die Giftstoffe nicht mit der Nahrung weiter in den Körper gelangen. Wichtig ist hingegen, dass genügend Wasser bereitsteht. Die weitere Behandlung durch den Tierarzt richtet sich nach den Symptomen.


Glocken – Tradition mit Einschränkungen

Wer Ziegen hält, wird sich früher oder später fragen, ob er die Tiere mit Glocken ausstatten will. Das Glockengeläut ist nicht nur ein schöner Brauch, sondern bietet dem Tierhalter auch eine gewisse Kontrolle: Am Klang lässt sich erkennen, wenn die Tiere unruhig sind oder auszubrechen versuchen. Entlaufene Tiere können leichter eingefangen werden. Zudem wissen die Tiere im freien Gelände, wo sich ihre Herde befindet, ohne beim Fressen ständig aufblicken zu müssen – was sich positiv auf den Milchertrag auswirken kann.

In gut eingefriedeten Geländen in Wohngegenden verlieren Glocken diesen Zweck weitgehend. Hinzu kommt die unmittelbare Nähe zu den Nachbarn, deren Ruhebedürfnis zu berücksichtigen ist.

Gemäss Art. 684 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches ist jedermann verpflichtet, sich bei der Ausübung seines Eigentums aller übermässigen Einwirkungen auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten. Die Übermässigkeit wird nach Lage und Beschaffenheit des Grundstücks sowie nach dem Ortsgebrauch beurteilt. In ländlichen Gebieten dürfte es grundsätzlich ortsüblich sein, dass Tiere Glocken tragen.

Anders sieht es nachts aus: Das Bundesgericht hat entschieden, dass nächtliches Weiden mit Glocken über das hinausgeht, was in einem Wohnquartier zu akzeptieren ist.

Empfehlung: Im Umfeld von Wohnsiedlungen sollten die Glocken nachts abgenommen und auch tagsüber nur mit Zurückhaltung verwendet werden.


Haftpflicht des Ziegenhalters

Ziegen sind bekannt als geschickte Ausbrecher. Die Gefahr, dass sie dabei Schäden an Bäumen oder Pflanzungen in Nachbars Garten anrichten, ist gross. Schlimmstenfalls geraten sie auf die Strasse und verursachen einen Verkehrsunfall.

Der Ziegenhalter haftet für den angerichteten Schaden, es sei denn, er kann beweisen, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung der Tiere angewendet hat (Art. 56 OR). Der Nachweis einer ausreichenden Einzäunung ist dabei besonders wichtig: Stabilität, Höhe, gegebenenfalls Litzenzahl sowie Stromgerät und dessen regelmässige Kontrolle.

Nicht nur die Unterbringung selbst, sondern auch die Verlegung der Herde birgt Haftungsrisiken. Im Umfeld von Strassen sind ausreichende Sicherungsmassnahmen zu ergreifen. Die Zahl der begleitenden Personen muss der Herdengrösse angepasst sein, um ein Ausbrechen zu verhindern.

Wichtig: Weil eine Haftung nie auszuschliessen ist, sollte jeder Ziegenhalter zwingend eine Haftpflichtversicherung abschliessen. Dies entbindet jedoch nicht von den Sicherheitsmassnahmen!


Gut vorbereitet in die Weidesaison

Die Freude bei Tier und Mensch ist gross, wenn im Frühjahr die Weidesaison beginnt. Für einen erfolgreichen Start ist eine sorgfältige Vorbereitung entscheidend.

  • Klauenpflege

    Ziegen legen auf der Weide grosse Strecken zurück. Vor dem Weidegang ist daher eine gründliche Klauenpflege wichtig. Tiere mit erkrankten Klauen gehören nicht auf die Weide.

  • Äussere Parasiten

    Während der Stallperiode können sich Parasiten stark vermehren. Juckreiz oder Haarausfall können auf Räude oder andere Parasiten hinweisen. Bei einem Befall ist die gesamte Herde in die Behandlung einzubeziehen.

  • Innere Parasiten

    Ziegen mit Wurmbefall sollten vor dem Austrieb entwurmt werden. Andernfalls ist der Parasitendruck bereits zu Beginn der Beweidung hoch – was vor allem den Jungtieren schadet, die noch keine Abwehr aufbauen konnten.

  • Zäune kontrollieren

    Die Zäune können im Winter durch Witterung oder Wildtiere beschädigt worden sein. Bei elektronischen Anlagen sind die Batterien auf ihren Ladestand und die Litzen auf ihre Leitfähigkeit zu prüfen.

  • Weide inspizieren

    Auch die Weide kann Schaden genommen haben. Es lohnt sich, beschädigte Abschnitte im Frühjahr nachzusäen. Jetzt ist auch die beste Zeit, Wühlmäuse zu bekämpfen, bevor sie sich vermehren. Problemunkräuter wie die Wiesen-Blacke lassen sich im Frühjahr leichter entfernen als später im Jahr.

  • Futterumstellung

    Der Verdauungsapparat der Ziegen muss sich erst an das frische, proteinreiche Weidegras gewöhnen. Eine schrittweise Umstellung auf die Ganztagesweide lohnt sich – sowohl für die Tiergesundheit als auch für den Ertrag.

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